Montag, 30. August 2004
Tagung zum Topos 'Raum' (Berlin)
philo, 20:32h
An der Berliner Akademie der Künste findet vom 17. bis zum 20. November 2004 eine Tagung zum Thema
Topos RAUM - Die Aktualität des Raumes in den Künsten der Gegenwart
statt. Die Tagung wird gemeinsam von der Akademie der Künste, der Humboldt-Universität, der Freien Universität und der Universität der Künste Berlin veranstaltet. Für die Konzeption zeichnen Michael Diers, Robert Kudielka, Gert Mattenklott und Angela Lammert verantwortlich.
Das genaue Tagungsprogramm liegt offenbar noch nicht vor. (Edit: Aber jetzt.)
Quelle: Homepage des Kulturwissenschaftlichen Instituts der HU Berlin
Topos RAUM - Die Aktualität des Raumes in den Künsten der Gegenwart
statt. Die Tagung wird gemeinsam von der Akademie der Künste, der Humboldt-Universität, der Freien Universität und der Universität der Künste Berlin veranstaltet. Für die Konzeption zeichnen Michael Diers, Robert Kudielka, Gert Mattenklott und Angela Lammert verantwortlich.
Das genaue Tagungsprogramm liegt offenbar noch nicht vor. (Edit: Aber jetzt.)
Quelle: Homepage des Kulturwissenschaftlichen Instituts der HU Berlin
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philosophus,
Donnerstag, September 02, 2004, 00:51
Programm
Nachtrag: Auf einer Unterseite der Akademie der Künste kann man sich registrieren, um dann via Email das Programm zugesendet zu bekommen:
http://www.adk.de/toposraum/
EDIT (28/09/2004). Mittlerweile kann das Tagungsprogramm unter dieser URL eingesehen werden.
Die Tagung ist in 6 Sektionen gegliedert:
I. Die Erfindung und Wiedererfindung des Raumes
Die Aktualität des Raumes in der zeitgenössischen Kunst ist untrennbar verknüpft mit der Erfahrung der Ortlosigkeit, das heißt der Auflösung verlässlicher Grenzen und Richtmaße in der Moderne. Die Mobilität der Gesellschaften und die Globalisierung der technischen und ökonomischen Entwicklung lassen erkennen, dass der Verlust traditioneller Grundlagen und Hierarchien womöglich kein Phänomen des Übergangs zu einer neuen, wiederum stabilen Ordnung ist, sondern eine radikal andere, beweglichere Orientierung im Raum vorbereiten könnte. Die möglichen Folgen und philosophischen Implikationen einer solchen Verzeitlichung und Pluralisierung der Raumkonzeptionen werden in dieser Sektion an konkreten Beispielen thematisiert.
II. Privatisierung des öffentlichen Raumes
Schon seit einigen Jahren wird das Phänomen der zunehmenden Privatisierung des öffentlichen Raumes diskutiert. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht nur die unterschiedliche Nutzung des Raumes und sich verändernde Verhaltenscodices, sondern auch die zunehmende Ästhetisierung und Inszenierung, die wiederum eine Wirkung auf den Besucher hat. Eine Shopping Mall dient einem gerichteten Zweck, der Besucher passt sich diesem an oder kann des Platzes verwiesen werden. Trotzdem ersetzen sie zunehmend die öffentlichen Plätze in den Innenstädten, die mehr Freiräume in ihren Benutzungsmöglichkeiten bieten. Die Privatisierung des öffentlichen Raumes bis hin zu ganzen Städten (gated communities) ist in den USA, Südamerika und Asien sehr viel weiter entwickelt als in Europa. Ob die europäische Stadt angesichts der leeren öffentlichen Kassen dieser Entwicklung wirklich entgegen steht oder nur noch von ihrem Mythos lebt, gilt es zu klären.
III. Fiktive Räume in Literatur, Film und Environment
Auf die zunehmende Lockerung realer Ortsbindungen antworten in den hier herangezogenen Beispielen Fiktionen hybrider Orte, in denen sich reale Raumerfahrungen und Phantasmagorien überlagern und durchkreuzen. Gerrit Confurius wird sich dem "Alltäglichen Situationismus" urbaner Szenen widmen. – Doris Kolesch behandelt unter dem Titel "Räume der E/Motion – Ausflüge ins Land der Liebe" literarisches Mapping von "Ländern der Liebe" und spannt dabei den Bogen vom späten 17. Jahrhundert bis zum späten 20. Jahrhundert. – Annette Jael Lehmann spricht unter dem Titel "On the Road: Spaces in Motion" über Er/fahrungsräume und Raumerfahrungen anhand von ausgewählten Beispielen moderner und postmoderner Literatur und Filme, etwa von Texten der Beat Generation und Road-Movies in der Tradition des Film Noir.
IV. Immaterielle Räume in Musik und Film
Für die Musik stellt sich die Raumfrage in jüngerer Zeit vor allem von ihren immateriellen Aspekten her. Der Aufbruch in den realen Raum war in den 50er Jahren von der damaligen Avantgarde der Komponisten vollzogen worden. Es entstanden zahlreiche Stücke, in denen die traditionelle Gegenüberstellung von Podium und Publikum, wie sie der Konzertsaal üblicherweise vorsieht, vermieden wurde und sich durch eine veränderte räumliche Anordnung der Musiker neuartige Hörperspektiven eröffneten. Seitdem die technische Entwicklung es zuließ, den Klang von seiner Erzeugungsquelle, den Instrumenten, abzulösen und per Lautsprecher räumlich flexibel zu gestalten, wurde in den neu entstandenen elektroakustischen Studios – etwa in Köln, Mailand oder Paris – mit dem quasi dreidimensionalen Klang experimentiert. Viele der Forschungsergebnisse fanden Eingang in die Instrumentalmusik. Während es in diesen Jahren den Künstlern vor allem darauf ankam, die Mehrschichtigkeit und Pluralität der Wirklichkeit durch ihre neuen, multiperspektivischen Stücke bewusst zu machen, ging es später verstärkt darum zu lernen, mit der Pluralität der Zeiten und Räume umzugehen, dem Überangebot an Information, an visuellen und akustischen Eindrücken im Zeitalter von Videoclip und Zapping künstlerische Strategien der Einheit und Kontinuität entgegenzusetzen. Zum einen wendete sich das Interesse zunehmend dem Innenraum des Tones selbst zu, seinem Mikrobereich, dessen Obertonstruktur durch Vergrößerung und Projektion in extrem verlangsamte Verhältnisse die Grundlage für ein ganzes Stück liefern kann (s. "Spektralisten"). Zum anderen gestattet die Arbeit mit dem Computer die Übertragung der digitalen Daten in andere Medien und ermöglicht eine direkte Transformation von akustischen in visuelle Strukturen, von Musik in bild- und raumkünstlerische Darstellungen.
V. Zwischen-Raum und Un-Raum
Ausgangspunkt der Sektion sind Konzepte der Negation von Raum. Die Idee 'Raum' von ihrer Auflösung her zu verstehen, war Programm künstlerischer Avantgarden. Die Aufhebung der Trennung von Innen und Außen und das Erzeugen fließender Übergänge wird zu einem Leitprinzip der modernen Architektur, und in aktuellen Projekten ist eine Entwicklung festzustellen, die zwischen Innen und Außen, zwischen Raum und Oberfläche, Fläche und Tiefe kategorial nicht mehr unterscheidet. Die Sektion will den primär architektonisch realisierten Prinzipien von Zwischen- und Un-Raum konzentriert auch von anderer Seite begegnen. Sosoll im Rahmen der Geschichte der bildenden Kunst die mit Kurt Schwitters' "Merzbau" beginnende raumsprengende Entfaltung der Rauminstallation in den Blick genommen werden, die mit Gregor Schneiders "Totes Haus ur" ihren vorläufigen Höhepunkt erlebbar werden lässt. Zum anderen resultieren aus der Vernichtung von Abfall, abseitiger Areale wie Industriebrachen und deren materiellem Recycling und symbolischer Umcodierung postindustrielle Landschaften und neue urbane, räumliche Ordnungen. Schließlich soll dem Phänomen 'Zwischen-Raum und Un-Raum' aus medientheoretischer Perspektive am paradox anmutenden Beispiel computergenerierter, virtueller Datenlandschaften nachgegangen werden. Während bezogen auf die Architektur des Rechners einerseits ein Verschwinden des Raumes konstatiert wird, ausgehend von einer vermeintlich zunehmenden Dematerialisierung des Mediums und einer Beschleunigung der Datenübertragung, ist andererseits von einer Restitution des Raumes die Rede, festzumachen unter anderem an einer verstärkt räumlich modellierten Strukturierung von Datenbanken im Dienste einer Ordnung von Wissen. Es soll in der Sektion versucht werden, verschiedenen Ausformungen jenes dialektischen Verhältnisses von Raum und Nicht-Raum nachzuspüren und erste Grundzüge einer Ästhetik des Dazwischen zu gewinnen.
VI. Topos/Utopos oder der Traum vom Raum
Die Sektion möchte jenen Spiel- und Gedankenraum ausloten, den die soziale und künstlerische Phantasie im Bereich der Architektur und Stadtplanung in der Gestalt von Visionen und Utopien bereithält (und historisch bereitgehalten hat); zugleich soll gefragt werden, wozu Visionen nötig sind, wie sie Wirklichkeit werden können oder warum sie auch in der Form imaginärer Räume wichtige Funktionen erfüllen.
http://www.adk.de/toposraum/
EDIT (28/09/2004). Mittlerweile kann das Tagungsprogramm unter dieser URL eingesehen werden.
Die Tagung ist in 6 Sektionen gegliedert:
I. Die Erfindung und Wiedererfindung des Raumes
Die Aktualität des Raumes in der zeitgenössischen Kunst ist untrennbar verknüpft mit der Erfahrung der Ortlosigkeit, das heißt der Auflösung verlässlicher Grenzen und Richtmaße in der Moderne. Die Mobilität der Gesellschaften und die Globalisierung der technischen und ökonomischen Entwicklung lassen erkennen, dass der Verlust traditioneller Grundlagen und Hierarchien womöglich kein Phänomen des Übergangs zu einer neuen, wiederum stabilen Ordnung ist, sondern eine radikal andere, beweglichere Orientierung im Raum vorbereiten könnte. Die möglichen Folgen und philosophischen Implikationen einer solchen Verzeitlichung und Pluralisierung der Raumkonzeptionen werden in dieser Sektion an konkreten Beispielen thematisiert.
II. Privatisierung des öffentlichen Raumes
Schon seit einigen Jahren wird das Phänomen der zunehmenden Privatisierung des öffentlichen Raumes diskutiert. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht nur die unterschiedliche Nutzung des Raumes und sich verändernde Verhaltenscodices, sondern auch die zunehmende Ästhetisierung und Inszenierung, die wiederum eine Wirkung auf den Besucher hat. Eine Shopping Mall dient einem gerichteten Zweck, der Besucher passt sich diesem an oder kann des Platzes verwiesen werden. Trotzdem ersetzen sie zunehmend die öffentlichen Plätze in den Innenstädten, die mehr Freiräume in ihren Benutzungsmöglichkeiten bieten. Die Privatisierung des öffentlichen Raumes bis hin zu ganzen Städten (gated communities) ist in den USA, Südamerika und Asien sehr viel weiter entwickelt als in Europa. Ob die europäische Stadt angesichts der leeren öffentlichen Kassen dieser Entwicklung wirklich entgegen steht oder nur noch von ihrem Mythos lebt, gilt es zu klären.
III. Fiktive Räume in Literatur, Film und Environment
Auf die zunehmende Lockerung realer Ortsbindungen antworten in den hier herangezogenen Beispielen Fiktionen hybrider Orte, in denen sich reale Raumerfahrungen und Phantasmagorien überlagern und durchkreuzen. Gerrit Confurius wird sich dem "Alltäglichen Situationismus" urbaner Szenen widmen. – Doris Kolesch behandelt unter dem Titel "Räume der E/Motion – Ausflüge ins Land der Liebe" literarisches Mapping von "Ländern der Liebe" und spannt dabei den Bogen vom späten 17. Jahrhundert bis zum späten 20. Jahrhundert. – Annette Jael Lehmann spricht unter dem Titel "On the Road: Spaces in Motion" über Er/fahrungsräume und Raumerfahrungen anhand von ausgewählten Beispielen moderner und postmoderner Literatur und Filme, etwa von Texten der Beat Generation und Road-Movies in der Tradition des Film Noir.
IV. Immaterielle Räume in Musik und Film
Für die Musik stellt sich die Raumfrage in jüngerer Zeit vor allem von ihren immateriellen Aspekten her. Der Aufbruch in den realen Raum war in den 50er Jahren von der damaligen Avantgarde der Komponisten vollzogen worden. Es entstanden zahlreiche Stücke, in denen die traditionelle Gegenüberstellung von Podium und Publikum, wie sie der Konzertsaal üblicherweise vorsieht, vermieden wurde und sich durch eine veränderte räumliche Anordnung der Musiker neuartige Hörperspektiven eröffneten. Seitdem die technische Entwicklung es zuließ, den Klang von seiner Erzeugungsquelle, den Instrumenten, abzulösen und per Lautsprecher räumlich flexibel zu gestalten, wurde in den neu entstandenen elektroakustischen Studios – etwa in Köln, Mailand oder Paris – mit dem quasi dreidimensionalen Klang experimentiert. Viele der Forschungsergebnisse fanden Eingang in die Instrumentalmusik. Während es in diesen Jahren den Künstlern vor allem darauf ankam, die Mehrschichtigkeit und Pluralität der Wirklichkeit durch ihre neuen, multiperspektivischen Stücke bewusst zu machen, ging es später verstärkt darum zu lernen, mit der Pluralität der Zeiten und Räume umzugehen, dem Überangebot an Information, an visuellen und akustischen Eindrücken im Zeitalter von Videoclip und Zapping künstlerische Strategien der Einheit und Kontinuität entgegenzusetzen. Zum einen wendete sich das Interesse zunehmend dem Innenraum des Tones selbst zu, seinem Mikrobereich, dessen Obertonstruktur durch Vergrößerung und Projektion in extrem verlangsamte Verhältnisse die Grundlage für ein ganzes Stück liefern kann (s. "Spektralisten"). Zum anderen gestattet die Arbeit mit dem Computer die Übertragung der digitalen Daten in andere Medien und ermöglicht eine direkte Transformation von akustischen in visuelle Strukturen, von Musik in bild- und raumkünstlerische Darstellungen.
V. Zwischen-Raum und Un-Raum
Ausgangspunkt der Sektion sind Konzepte der Negation von Raum. Die Idee 'Raum' von ihrer Auflösung her zu verstehen, war Programm künstlerischer Avantgarden. Die Aufhebung der Trennung von Innen und Außen und das Erzeugen fließender Übergänge wird zu einem Leitprinzip der modernen Architektur, und in aktuellen Projekten ist eine Entwicklung festzustellen, die zwischen Innen und Außen, zwischen Raum und Oberfläche, Fläche und Tiefe kategorial nicht mehr unterscheidet. Die Sektion will den primär architektonisch realisierten Prinzipien von Zwischen- und Un-Raum konzentriert auch von anderer Seite begegnen. Sosoll im Rahmen der Geschichte der bildenden Kunst die mit Kurt Schwitters' "Merzbau" beginnende raumsprengende Entfaltung der Rauminstallation in den Blick genommen werden, die mit Gregor Schneiders "Totes Haus ur" ihren vorläufigen Höhepunkt erlebbar werden lässt. Zum anderen resultieren aus der Vernichtung von Abfall, abseitiger Areale wie Industriebrachen und deren materiellem Recycling und symbolischer Umcodierung postindustrielle Landschaften und neue urbane, räumliche Ordnungen. Schließlich soll dem Phänomen 'Zwischen-Raum und Un-Raum' aus medientheoretischer Perspektive am paradox anmutenden Beispiel computergenerierter, virtueller Datenlandschaften nachgegangen werden. Während bezogen auf die Architektur des Rechners einerseits ein Verschwinden des Raumes konstatiert wird, ausgehend von einer vermeintlich zunehmenden Dematerialisierung des Mediums und einer Beschleunigung der Datenübertragung, ist andererseits von einer Restitution des Raumes die Rede, festzumachen unter anderem an einer verstärkt räumlich modellierten Strukturierung von Datenbanken im Dienste einer Ordnung von Wissen. Es soll in der Sektion versucht werden, verschiedenen Ausformungen jenes dialektischen Verhältnisses von Raum und Nicht-Raum nachzuspüren und erste Grundzüge einer Ästhetik des Dazwischen zu gewinnen.
VI. Topos/Utopos oder der Traum vom Raum
Die Sektion möchte jenen Spiel- und Gedankenraum ausloten, den die soziale und künstlerische Phantasie im Bereich der Architektur und Stadtplanung in der Gestalt von Visionen und Utopien bereithält (und historisch bereitgehalten hat); zugleich soll gefragt werden, wozu Visionen nötig sind, wie sie Wirklichkeit werden können oder warum sie auch in der Form imaginärer Räume wichtige Funktionen erfüllen.
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