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Donnerstag, 30. Dezember 2004
Nomaden als Avantgarde?
philo, 15:15h
Der Historiker Karl Schlögel (siehe auch hier) hat in der Neuen Zürcher Zeitung einen Artikel veröffentlicht, in dem er die Rolle von Migranten und Nomaden neu perspektiviert:
Migranten sind - so Schlögel - die "Avantgarde der globalen Modernisierung". Damit setzt er einen Kontrapunkt zur Rede von der "Entortung" (Elisabeth Bronfen), die die Diskussion über Migration dominiert. "Die Migration unterminiert unweigerlich die alten Hierarchien und Autoritäten. Sie setzt die Herkunftskultur dem Vergleich und dem Druck der Ankunftskultur aus und zwingt die Migranten, sich in beiden zu bewegen und zu Bürgern der Welt im buchstäblichen Sinne zu werden. Die modernen Verkehrsverhältnisse haben Pendelbewegungen und eine Art ubiquitärer Existenz möglich gemacht, die es erlauben, je nach Lage der Dinge, der Konjunktur den Lebensmittelpunkt zu wählen - und sei es die Wahl zwischen Hongkong und Kalifornien."
Dieses Bild hat für mich durchaus Charme: Dislokation als Strategie, die Wurzeln immerwährender Seßhaftigkeit (Unmündigkeit?) werden abgeworfen, der Migrant als selbstbestimmte Ich-AG. Gleichwohl: Etwas Unbehagen bleibt. Die Wahl "Hongkong oder L.A." stellt sich doch wohl nur einer bestimmten Spezies, dem Lifestyle-Migranten, nicht aber demjenigen, der politischer Verfolgung oder wirtschaftlichem Elend ausgesetzt ist. Dieser Gruppe die Migration als Chance anzubieten, Teil der Avantgarde zu sein, wäre doch etwas zynisch.
Migranten sind - so Schlögel - die "Avantgarde der globalen Modernisierung". Damit setzt er einen Kontrapunkt zur Rede von der "Entortung" (Elisabeth Bronfen), die die Diskussion über Migration dominiert. "Die Migration unterminiert unweigerlich die alten Hierarchien und Autoritäten. Sie setzt die Herkunftskultur dem Vergleich und dem Druck der Ankunftskultur aus und zwingt die Migranten, sich in beiden zu bewegen und zu Bürgern der Welt im buchstäblichen Sinne zu werden. Die modernen Verkehrsverhältnisse haben Pendelbewegungen und eine Art ubiquitärer Existenz möglich gemacht, die es erlauben, je nach Lage der Dinge, der Konjunktur den Lebensmittelpunkt zu wählen - und sei es die Wahl zwischen Hongkong und Kalifornien."
Dieses Bild hat für mich durchaus Charme: Dislokation als Strategie, die Wurzeln immerwährender Seßhaftigkeit (Unmündigkeit?) werden abgeworfen, der Migrant als selbstbestimmte Ich-AG. Gleichwohl: Etwas Unbehagen bleibt. Die Wahl "Hongkong oder L.A." stellt sich doch wohl nur einer bestimmten Spezies, dem Lifestyle-Migranten, nicht aber demjenigen, der politischer Verfolgung oder wirtschaftlichem Elend ausgesetzt ist. Dieser Gruppe die Migration als Chance anzubieten, Teil der Avantgarde zu sein, wäre doch etwas zynisch.
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